Schwierige Aufgabe für Menschen, die nicht gerne Kontrolle abgeben und Probleme mit Vertrauen haben.


Ob Autogenes Training, Imaginationsübungen, Phantasiereisen, PME nach Jacobsen, etc
bei vielen PTBSlern gehen diese Übungen regelmäßig in die Hose.

Woran liegt das?

Solche Übungen sind gesteuert…fremdgesteuert!
Und Kontrolle geben wir nicht gerne ab.

Den ersten Kontakt zu solchen Übungen bekommt man meistens in einer Klinik. Da gehören diese Übungen zum festen Programm.
Eine Übung für (gegen) alles…egal ob Depression, Borderline, Burn- Out oder PTBS.

Der Ablauf so einer Sitzung:
Ein Raum- mehrere Menschen, mit denen ich außerhalb der Klinik wahrscheinlich nie was zu tun hätte…dementsprechend auch gemischte Krankheitsbilder.
Es steht mir frei, mich auf einen Stuhl zu setzen oder auf einer Matte zu liegen.
Ich wähle bei sowas zu Beginn immer den Stuhl und die Nähe zum Ausgang.
Im Laufe der Wochen arbeite ich mich dann langsam vor, bis auch ich es schaffe, mit geschlossenen Augen auf der Matte zu landen.

Leise rieselnde Musik soll alle Teilnehmer sanft auf das Folgende einstimmen…und auch gegen störende Geräusche etwas abschirmen.

Und dann geht’s los…die Kursleitung erklärt kurz für Neulinge, was da in der nächsten halben Stunde passieren wird und dann wird die Stimme sanfter und ruhiger und führt uns durch die nächsten 30 Minuten.

Entspannung auf Kommando…egal, ob ich grade mit vollem Magen vom Mittagessen komme, Sport hatte oder mich im Stress befinde…die nächsten 30 Minuten soll ich auf Kommando relaxen.

Nach anfänglichen Geraschel und letzten kläglichen Witzen der Spaßvögel, vorzugsweise Männer, die damit ihr Unwohlsein überspielen wollen, wird’s langsam ruhig im Raum.
Die Musik und die Stimme der Kursleitung rücken in den Vordergrund, bzw. alle sind bemüht, die unerwünschten Nebengeräusche irgendwie auszublenden.

Die Augen sollten nach Möglichkeit geschlossen sein…ich versuch es immer wieder, doch zwischendurch muss ich einfach sehen, was im Raum vor sich geht….und beobachte dann die anderen Teilnehmer. Aber trotzdem versuche ich weiterhin, dabei zu bleiben und brav der Stimme zu folgen, die mir sagt, worauf ich achten oder was ich mir vorstellen soll.

Blöd für mich ist, dass grade bei Autogenem Training, Achtsamkeitsübungen oder PME Bodyscanning betrieben werden soll….quasi sämtliche Körperteile werden in die Übungen mit einbezogen, wie sie sich anfühlen, womit sie in Kontakt sind, oder wie sie sein sollen.

“ Die Arme werden schwer“, „Du spürst, wie sich die Wärme ausbreitet“, „Du sinkst tiefer und tiefer“….

Spätestens dann fühlt sich mein Alarmsystem angesprochen…“Bodyscanning?
Supi, das kann ich!“
Da kribbelts, da piekt es….und dann wird bewertet, was definitiv nicht Teil der Übung sein soll…aber ich tue es automatisch!
Ich bewerte und spekuliere, was das für mich und meinen Körper bedeutet…und das Adrenalin steigt langsam und stetig. Entspannung adé!

Bei Phantasiereisen hingegen soll ich mir vorstellen, ich wäre am Meer oder am Bach…auf einer grünen Wiese….die Sonne wärmt mich, Blütenduft liegt in der Sonnen, Schmetterlinge schwirren um die Blümchen….
und spätestens dann verselbstständigt sich meine Phantasie und ich schweife ab auf vertraute Vorstellungen….Auf der grünen Wiese sind dann auch noch Wespen und Bienen.. vielleicht ganze Schwärme und jedes dieser Stachelviecher nimmt mich als Zielscheibe….oder am Meer gibt Strömungen, Tsunamis, fiese Quallen…und überhaupt wird definitiv da am Arsch der Welt kein Arzt aufzutreiben sein.
Ich habe halt eine Menge Phantasie…leider eher für Horrorszenarien!

Streberhaft und leistungsorientiert bleibe ich natürlich immer noch auf dem Stuhl kleben oder auf der Matte….aber alles andere als entspannt.

Am Ende der Übung darf dann in der Regel jeder Teilnehmer nochmal kurz seine Verfassung kundtun und wie es für ihn war…und jedes mal frage ich mich, wieso die anderen das so toll und entspannend fanden und fühle mich mal wieder unfähig und doof und am falschen Ort.

Ich vergesse immer wieder, dass da auch andere Krankheitsbilder sitzen/liegen…und auch die PTBS ist nicht bei jedem gleich…Für mich ist es eben nicht geeignet, unter den Voraussetzungen solche Techniken erlernen zu wollen. Das kann nicht funktionieren.

Was aber funktioniert….ACHTUNG PREMIERE….!

Meine Therapeutin hat heute erstmals in unserer wöchentlichen Sitzung eine Aufmerksamkeitsübung gemacht….als Vorbereitung für unsere NLP-Arbeit, die demnächst beginnt. Ich habe nur gedacht: „Ach Du scheiße“

Aber Frau C. weiß, was sie tut und was funktionieren könnte…Sie weiß, wo es hakt bei Menschen wie mir.

Sie macht es in Einzelsitzung…ohne Fremdsteuerung, sie sagt mir nicht, wie meine Körperteile sich anzufühlen haben…sie lässt mich beobachten und sie überlässt es mir, wie weit ich mich entspanne….Sie wird das Wort Bodyscanning auch nicht mehr verwenden, da ich es tagtäglich einsetze, um meinen Körperzustand zu bewerten.

Und siehe da…es hat wesentlich besser funktioniert…natürlich ist mein Alarmsystem noch nicht abgeschaltet gewesen heute…natürlich habe ich innerlich meinen Befürchtungen gefrönt, was als nächstes schlimmes passieren könnte…aber mein Körper hat seine Anspannung Stück für Stück aufgegeben. Ich war selbst ganz erstaunt.

Nix konnte mich ablenken, ich musste nicht auf die Umgebung achten…und ich vertraue ihr….

Also…wenn Ihr Euch demnächst wieder gefrustet nach so einer Gruppensitzung fragt, weshalb alle anderen Teilnehmer angenehm gechillt sind und Ihr nicht….dann bezieht es nicht auf Euch….es ist eben der falsche Ort und vielleicht auch die unpassende Art der Meditationsführung durch die Kursleitung.

Bei Youtube gibt es einige nette Meditationsübungen…übt zuhause damit, am Besten abends, wenn Ihr ins Bett geht….Lauschen und Einschlafen- besser geht’s nicht.

Und so entgeht Ihr auch dem, was tausendprozentig immer passiert in solchen Gruppensitzungen. Es gibt immer einen Teilnehmer, der schnarcht und einen, der hustet.
Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Eure Rapunzel