Selbsthilfe ist gut, Information auch!
Mit Betroffenen austauschen sicherlich auch!
Aber mit Einschränkungen!!!


Da PTBSler, Depressive, Borderliner , Essgestörte etc. selten in Rudeln auf der freien Wildbahn anzutreffen sind, stehen Betroffene und Angehörige meistens alleine da mit dem Dilemma.

Betroffene und Angehörige haben aber enormen Wissensdurst, sind ewig auf der Suche nach dem berühmten Strohhalm, nach dem Wundermittel, nach dem ultimativen Zauberspruch zur Lösung aller mit der Erkrankung auftretenden Probleme. Und nach Mitbetroffenen…

Selbst wenn ein Therapeut mit im Boot ist, reichen die 50 Minuten pro Woche sicherlich nicht aus, denn schließlich hat die Erkrankung eine 7-Tage-Woche, rund um die Uhr, jede Minute, jede Sekunde.

Auch Ärzte und Therapeuten sind sich dessen mittlerweile bewusst und legen den Klienten nahe, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen.

Nunja, auch Selbsthilfegruppen sind nicht reichlich gesäät, und wenn dann eine gefunden wurde, kommt der erste Schritt…die telefonische Kontaktaufnahme.
Dann der erste Gang zu dem wahrscheinlich wöchentlichen Treffen.
Viele fremde Menschen…oder vielleicht auch nur 2 oder 3 oder 4.
Das erste Abchecken, die Vorstellung, die Info, wie die Gruppe sich denn selbst zu helfen gedenkt.

Sicherlich ist es ein gutes Gefühl, zum ersten Mal zu erfahren, dass man nicht die einzige Pappnase auf Kollisionskurs ist in der Region.
Man ist nicht mehr alleine. Der sichere Hafen ist greifbar nah.
Aber ab dem Moment sollte Eure Selbstachtsamkeit trotzdem mal so richtig aktiviert werden.
Das Durchkauen sämtlicher Befindlichkeitsstörungen, sei es der eigenen oder der anderen Gruppenteilnehmer bringt Euch als Betroffene nämlich gar nix!
Im Gegenteil, Euer Zustand könnte sich dadurch auch noch verschlechtern.

Angehörige können sich sowas antun zur Erweiterung ihres Wissens, aber nicht die Betroffenen selber!

Sucht Euch Gruppen, in denen die eigentlichen Probleme nicht ausufernd besprochen werden…sondern wo der Focus auf gemeinsamen Aktivitäten und auf Lösungen liegt.
Vielleicht auf gemeinsamen Angstexpositionen, mal was zusammen trinken gehen, Spaziergänge, Sport, Kochen, Dinge gemeinsam gestalten…aber nicht solche Treffen, wo man irgendwo am Tisch sitzt und NUR über die Krankheit und die Symptome redet und die damit verbundenen familiären Probleme seziert.

Das gilt auch für die ganzen speziellen Foren im Internet und die unzähligen Facebookgruppen.

Sobald Ihr merkt, dass Ihr beginnt, Euch unwohl zu fühlen oder gestresst durch die Erzählungen Anderer, dann verstärkt die Achtsamkeit und schafft Euch eine gute Distanz zu dem Input, der da auf Euch einprasselt.
Klappt das nicht, dann beschleunigt von 0 auf 100 und entfernt Euch.

Vor allem vergesst nicht, die Anderen dort sind auch keine Profis, sondern Laien mit erworbenem Wissen, welches nicht immer richtig sein muss.
Sie sind ebenfalls „nur“ Betroffene, Erkrankte eben…
Und so wie es in Euren Köpfen manchmal krumme Sichtweisen und verdorrte Synapsen gibt, gibt es das in den Köpfen der anderen Gruppenteilnehmer auch.

Und den Angehörigen darf ich hoffentlich auch noch einen Rat geben:
Es gibt kein Handbuch und keine Bedienungsanleitung für seelisch Kranke 😉

Eure Rapunzel