Ewig grüßt das Murmeltier reloaded!
Gestern ein Held, heute in der gleichen Situation nur noch ein Überlebenskämpfer…
Hatte ich Euch vor ein paar Tagen noch von meinem Mega-Erfolg berichtet (nachzulesen hier Der Xte erste Schritt), möchte ich Euch die Fortsetzung vom nächsten Tag auch nicht vorenthalten.
Gleiche Aufgabe- Gleicher Ort- Gleiches Umfeld…aber anderes Ergebnis!
Das Spielchen kommt mir sehr bekannt vor, ist mir schon ganz oft passiert und Euch Angsthasen und PTBSlern wahrscheinlich auch.
Hat am Tag zuvor alles super geklappt, wird’s beim nächsten Versuch schon schwerer, überhaupt den Mut zu finden, diese Aufgabe nochmal anzugehen.
So geschehen letzte Woche…
In meiner Euphorie über den gelungenen Tag hatte ich lauthals verkündet, am nächsten Tag sofort wieder mitzukommen…Hurra, Rapunzel ist wieder da!! Es geht voran! Raus in die Freiheit!“
Ja scheiße, war wohl nix!
Schon beim Aufstehen bemerkte ich diese bleierne Müdigkeit, die schweren Knochen, die Erschöpfung. Natürlich wurde das vom Bodyscanning sofort an die Amygdala gesendet und die war der Meinung, mir alle Zweifel und gescheiterten Versuche von der Festplatte auf den Monitor holen zu müssen.
Da ich aber auch nicht von Gestern bin, war ich mir dieses Possenspielchens voll bewusst, aber konnte trotzdem wenig gegen das sinkende Selbstvertrauen tun.
Vielleicht sollte ich doch lieber zuhause bleiben?
Nein..Rapunzel wird das wieder wuppen….ernste Selbstgespräche mit Teufelchen und Engelchen waren die Folge…Pro und Contra…natürlich fand ich mehr Contra.
Aber ich will die Freiheit wieder haben, ich will etwas mehr Lebensqualität und weniger Abhängigkeit. Ich werde gehen!! Das war mein Plan!!
Ja…da hat sich die Amygdala totgelacht und mal gleich eine Schüppe obendrauf gelegt.
Hatte ich die ganzen letzten Wochen wegen den Medis mit massiver Verstopfung zu kämpfen, bekam ich von Jetzt auf Gleich Magenkrämpfe und Durchfall. Jaja!
Trotzdem habe ich mich nicht ins Bockshorn jagen lassen und mir gesagt:“ Es gibt da auch eine Toilette, scheiß was auf den Durchfall.“
Aber die Zweifel nagten weiterhin an mir und glaubt mir, mich wieder zu überwinden und mich der gleichen Aufgabe wie am Vortag zu stellen, erforderte diesesmal noch mehr Mut.
Und ich musste den ganzen Tag mein Adrenalin und die Stabilitäts-Schwankungen bekämpfen. Der zweite Tag war somit viel stressiger und anstrengender als der erste.
Und ich bin nicht wieder mit dem Heldengefühl nach Hause zurückgekehrt, sondern war nur noch froh, dass ich den Tag überstanden habe.
Für den dritten Tag hatte ich dann schon genug Ausreden parat, weshalb ich nicht mitfahren werde.
Das Gleiche ist mir in der Klinik passiert…Da war mein Stolperstein die Ergotherapie, die in einem anderen Haus stattfand. 3x die Woche musste ich mich dieser Aufgabe stellen und mit jedem Mal wurde es, trotz Begleitung meiner Wohnbetreuung, schwieriger, bis es gar nicht mehr ging.
Total bescheuert, denn eigentlich hat der Agoraphobiker Schiss, dass er in einer Situation nicht rechtzeitig wegkommen könnte, ohne sich zu blamieren oder ärztliche Hilfe benötigt.
Wovor habe ich dann Angst, wenn ich mich doch mitten auf dem Klinikgelände befinde?
In Begleitung und einer Fachfrau in der Therapiestunde? Blamieren könnte ich mich auch nicht…die anderen Patienten haben ja auch ihre psychischen Wehwehchen
Also…what the hell ist das scheiß Problem?
Warum ist das so? Kennt Ihr das?
Ich grübele wieder die ganze Zeit darüber nach und fühle mich als Versagerin.
Aber die Lösung habe ich eigentlich auch gefunden.
Es geht einfach darum, dass es nicht sein darf, dass Rapunzel den Turm verlässt!
Ich verbiete es mir!
Meinem Unterbewusstsein und der Amygdala gefällt es nicht, Aufgaben anders lösen zu müssen oder sich neuen Situationen zu stellen.
Die Komfortzone und alles Bekannte ist einfach einfacher…am Einfachsten!
Der zweite Schritt fordert nicht nur Mut, sondern auch Bereitschaft zu Veränderung!
War es beim ersten Schritt einfach eine situative Aufgabe, die es nur zu bewältigen galt, so ist der zweite Schritt keine Mutprobe mehr, sondern ein bedeutender Schritt in eine andere Richtung.
Da ich mich nicht wiederholen will, habe ich das Sammelsurium der Hürden einfach mal verlinkt.
Übung macht (nicht immer) den Meister
Will ich nicht oder kann ich nicht?
Die Erkenntnis ist jetzt da, aber wie ich das austrickse, weiß ich auch noch nicht.
Denn wenn der Moment kommt, bin ich wieder nur das Gefühl: Angst!
Und ab September soll ich ambulant zur Ergotherapie in dieses Klinikgebäude…ich bin gespannt, wie ich das schaffen werde.
Eure Bangebüx- Rapunzel
22. August 2016 at 17:59
ohne mir deine verlinkten beiträge anzuschauen, dachte ich an sekundären krankheitsgewinn. etwas müsste aufgegeben werden. und der teil, der das aufgeben müsste, hat ganz eigene gefühle dazu, die gesehen werden wollen. das sind meine erfahrungen mit entwicklungswiderständen.
LikeGefällt 1 Person
22. August 2016 at 22:10
Denke bei uns liegt dieses wechselhafte, was heute geht oder morgen vielleicht nicht geht an der zebrochenen inneren Sicherheit. Wir zwingen uns zwar zu vielem und überwinden Widerstände, geraten dann aber in einen zombiehaften Zustand. Für uns war das nach draußen gehen auch meist sicherer als zuhause zu bleiben. Schon als Kind waren wir lieber nicht zuhause und sind ungerne zurückgekehrt. Das vereinfacht es etwas in die Welt hinaus zu gehen.
LikeGefällt 1 Person
28. August 2016 at 15:13
Der Fortschritt schafft Veränderung. Der Rückschritt korrigiert die Veränderung. Jede Bewegung fordert mich. Unbeweglichkeit konserviert mich. Weder im Stillstand noch in der Bewegung finde ich Seelenfrieden. Also will ich übergehen und die Entwicklung sich selbst überlassen; denn vor ihr habe ich solange Angst, als ich sie aus mir heraus gestalte. – Somit vertraue ich auf seiende Führung …
LikeLike
1. September 2016 at 11:49
Erst einmal Hut ab, dass Du trotzdem die Sache ein zweites mal angegangen bist!
Das was Du schilderst kenne ich nur zu gut. Ich denke so in meinem Fall, ist immer die Tagesform entscheidend. Wenn ich heute meiner Angst die Stirn gezeigt habe ( ist für uns Ängstler schon ein enormer Kraftaufwand!), dann bin ich am nächsten Tag ziemlich erschöpft. Mir tun die Muskeln weh, ich bin müde und will eigentlich nur Ruhe haben. Hochleistungssportler können nach einem Wettkampf am nächsten Tag auch keine Bäume mehr ausreißen! 😉
Also, wenn es bei Dir kein „Musstermin“ war, dann solltest Du Deinem Körper und dem Geist nachgeben und Dir nach einem Konfrontationstag einen Tag Ruhe gönnen, oder eben was machen, was nicht so schwer für Dich ist.
Auch ist nicht zu vernachlässigen, dass wir Frauen ja auch mit ziemlichen Hormonschwankungen zu tun haben. Bei mir hat mich immer die PMS eine Woche lahm gelegt. Jetzt bin ich altersmäßig darüber hinaus und dieses Problem hat Mutter Natur von alleine gelöst.
Ich glaube, Rapunzel darf sehr wohl den Turm verlassen, aber eben wohl dosiert und mit etwas kleineren Schrittchen!
Mir hat es in all den Jahren auch gut geholfen, nicht immer alles zu sehr zu hinterfragen. Mittlerweile denke ich da fatalistischer. Wie der Rheinländer so schön sagt: Et kütt, wie et kütt!!
In diesem Sinne alles Gute weiterhin…liebe Grüße, so von Bangbüx zu Bangbüx 😉
Gitta
LikeGefällt 1 Person